Banken müssen ihre Erfolgsquellen voneinander abgrenzen und quantifizieren können. Die Ausfüllhinweise der Bundesbank und der BaFin zum LSI-Stresstests bzw. zur Niedrigzinsumfrage (NZU) enthalten hierzu ein vereinfachtes Berechnungsschema, welches die Ableitung von Konditionenbeitrag sowie Beiträgen aus Zins- und Liquiditätsfristentransformation, aus Bonitätstransformation und aus Eigenkapitalanlage anhand geeigneter Zinskurven näherungsweise auf aggregierter Ebene erlaubt.
In diesem Artikel wird die exakte Ermittlung der entsprechenden Beiträge auf Einzelpositionsebene anhand eines mit der Marktzinsmethode sowie mit der konzeptionellen Grundlage der Aufsicht konsistenten Berechnungsschemas erläutert. Konsistenz mit der Marktzinsmethode bedeutet hier, dass alle Erfolgsbeiträge über strukturkongruente Opportunitätsgeschäfte an den Geld- und Kapitalmärkten abgeleitet werden. Hierbei werden auch die folgenden Erschwernisse adressiert:
Am Ende steht ein einheitliches Berechnungsschema, welches auf alle obengenannten Produkte generisch anwendbar ist.
Als fachliches Fundament wird hier kurz auf den Nutzen einer Abgrenzung der Erfolgsquellen und auf die zugrundeliegenden Fragestellungen eingegangen. Zwei unterschiedliche Perspektiven sollen dabei hervorgehoben werden - die jeweils eingenommene Perspektive hat wesentliche Bedeutung für die Ausgestaltung und Parametrisierung des Berechnungsschemas:
Anmerkung: In der Vorkalkulation sowie innerhalb des Themenkomplexes FTP (Funds Transfer Pricing) entspricht der Abschlusszeitpunkt dem jetzigen Zeitpunkt. Hier können für das zu bepreisende Geschäft beide Fragestellungen, die risikobezogene Zusammensetzung der Kondition sowie die Zuordnung auf beteiligte Profitcenter, gleichzeitig adressiert werden.
Das aufsichtliche Berechnungsschema kann die letztere Fragestellung nicht adressieren, da es erstens keine Ermittlung auf Einzelgeschäftsebene vorsieht und zweitens für das Gesamtgeschäft aktuelle Marktkonditionen zugrundelegt. Beispielsweise wäre der Konditionenbeitrag eines in der Hochzinsphase abgeschlossenen Darlehens an aktuellen Zinskurven in der Niedrigzinsphase per heute gemessen sehr hoch, selbst wenn das Geschäft damals zu marktnahen Konditionen abgeschlossen wurde. Der mit aktuellen Zinskurven ermittelte Konditionenbeitrag hat inhaltlich nicht mehr viel mit dem Vertriebserfolg zum Abschlusszeitpunkt zu tun. Aus diesem Grund ist die Bezeichnung "Konditionenbeitrag" auch nicht ganz treffend für das, was übrig bleibt, wenn man vom Zinsergebnis die verschiedenen Risikobeiträge abzieht. Im vorliegenden Fall handelt es sich eher um einen Beitrag aus ursprünglich marktkonform eingepreisten, aber nicht schlagend gewordenen Risiken.
In dem hier vorgestellten Berechnungsschema können beide Fragestellungen gleichermaßen adressiert werden, je nachdem welche Berechnungsstichtage und Marktparameter je Einzelgeschäft verwendet werden.
Wir geben zunächst die Definition der Erfolgsbeiträge aus den ausflichtlichen Ausfüllhinweisen wieder:
Anmerkung: Der Beitrag aus Eigenkapitalanlage ist hier keineswegs zu verwechseln mit der Eigenkapitalrendite oder dem Eigenkapitalverzinsungsanspruch auf Gesamtbankebene. Es handelt sich vielmehr um den Ergebniseffekt, welcher schlicht daraus folgt, dass das Volumen der Zinsbuchaktiva sich vom Volumen der Zinsbuchpassiva unterscheidet - typischerweise ist ersteres größer - und daher selbst bei auf beiden Seiten gleicher Zinsbindung, gleicher Kapitalbindung und gleicher Bonität ein Beitrag aufgrund der unterschiedlichen Volumina entsteht. Keine konkreten Angaben macht die Aufsicht dazu, welche kalkulatorische Zins- und Kapitalbindung und welche Bonität für das Eigenkapital unterstellt werden sollen. Wir nehmen hier eine konsequente Risikosicht ein und unterstellen eine praktisch risikolose Anlage im Tagesgeld, damit sich möglichst alle Prämien für Zins-, Liquiditäts- und Bonitätsrisiken in den entsprechenden risikobezogenen Erfolgsbeiträgen wiederfinden und nicht in den Beitrag aus Eigenkapital verlagert werden. Die Eigenkapitalrendite (Return on Equity) des Zinsbuchs enthält im Gegensatz dazu alle Erfolgskomponenten auf Aktiv- und Passivseite und ist daher typischerweise deutlich höher als der Beitrag aus Eigenkapitalanlage.
Die Aufsicht skizziert in ihren Ausfüllhinweisen eine exemplarische Hierarchie von Zinskurven zur Ableitung der Erfolgsbeiträge, wobei keine eindeutigen Vorgaben zum Aufbau der Zinskurven gemacht werden. Ersichtlich ist aus dem aufsichtichen Schema aber, dass für die Ermittlung der Liquiditäts- und Bonitätstransformation jeweils vom Rating und damit vom Ausfallrisiko abhängige Kurven verwendet werden. Die Zinsfristentransformation wird in den Ausfüllhinweisen aus einer risikolosen Bewertungskurve (mit "AAA" bezeichnet") abgelesen. Wir stellen hier eine mit der aufsichtlichen Vorgabe konsistente Zinskurvenhierarchie dar:
Im aufsichtlichen Berechnungsschema werden die verschiedenen Erfolgsbeiträge anhand von Durchschnittslaufzeiten direkt aus der Kurve abgelesen. Dies stellt eine sinnvolle Annäherung und deutliche Vereinfachung dar, wird aber den tatsächlichen Tilgungstrukturen der Geschäfte, den tatsächlichen Zinskonditionen der Geschäfte und der tatsächlichen Wölbung der Zinskurven nicht im Detail Rechnung tragen können. Hierzu ist die Marktinsmethode auf Einzelgeschäftsebene in der Lage, deren Verwendung in den folgenden Abschnitten für die Ermittlung der einzelnen Erfolgsbeiträge dargestellt wird.
Dieser Abschnitt führt das Berechnungsschema für den vergleichsweise einfachen Fall von festverzinslichen Produkten ein. Hiermit sind vor allem die folgenden Produkte abgedeckt:
Diese Produkte haben gemeinsam, dass ihre Ertragsstruktur durch die folgenden zwei Eigenschaften charakterisiert werden kann: Erstens eine Nominalstruktur bestehend aus Aus- und Einzahlungen zu Beginn und zum Ende der Laufzeit sowie gegebenenfalls zwischenzeitliche Tilgungs- oder Ansparzahlungen. Zweitens eine Zinskonditionsstruktur (Produktzins) mit Tageszählkonvention und (möglicherweise zeitlich gestaffelter) Rate. Aus dieser ergibt sich durch Verzinsung des sich jeweils aus der Nominalstruktur ergebenden ausstehenden Betrages ein feststehender Zinscashflow.
Im Geiste der Marktzinsmethode lässt sich für diese Geschäfte unter Verwendung einer beliebigen Zinsstruktur leicht ein Einstandszinssatz, d.h. eine faire Rate, ermitteln. Die faire Rate ist derjenige Zinssatz, zu dem am von der Zinsstruktur repräsentierten Markt ein Geschäft mit der gegebenen zukünftigen Nominalstruktur abgeschlossen oder, gleichbedeutend, ein bestehendes Geschäft glattgestellt werden könnte. Bei dieser Rate ist folglich der Barwert der zukünftigen Zins- und Tilgungszahlungen gleich dem aktuell ausstehenden Betrag. Die Berechnung geschieht anhand der folgenden drei Schritte:
Die folgende Grafik illustriert die Ermittlung des Einstandszinssatzes für den Fall eines Darlehens:
Die Berechnung ist in diesem Beispiel anhand weniger Überlegungen nachvollziehbar. Der Barwert bei Nullzins beträgt knapp 99 Euro und liegt damit ca. einen Euro unterhalb des Nominalwerts von 100 Euro. Da die Annuität etwa 200 Euro beträgt, bringt ein zusätzlicher Prozentpunkt auf der Zinskondition etwa 2 Euro im Barwert. Ein halber Prozentpunkt auf der Zinskondition sollte daher den Barwert um etwa einen Euro erhöhen und etwa auf den Nominalwert von 100 Euro bringen. Die exakte Rechnung ergibt tatsächlich einen Einstandssatz in der Nähe eines halben Prozentpunkts.
Mit diesem einfachen Werkzeug ausgestattet, lassen sich nun Einstandszinssätze gemäß der Zinskurvenhierarchie berechnen:
Der Konditionenbeitrag kann nun als Differenz zwischen dem aktuellen Produktzins und E4 berechnet werden. Die Differenzen zwischen den errechneten Einstandszinssätzen ergeben die entsprechenden Erfolgsbeiträge. Der Einstandszinssatz E1 entspricht schliesslich dem Beitrag aus Eigenkapitalanlage.
In der folgenden Abbildung ist das Grundschema für Festzinsprodukte dargestellt, welches wir um weitere Produkte erweitern werden.
Anmerkung: Das dargestellte Berechnungschema zielt auf die Ermittlung der prozentualen Ertragsbestandteile zum Betrachtungszeitpunkt ab. So geht für die Bestimmung des Konditionenbeitrags nur der aktuelle Produktzins ein, zukünftige Staffelungen bleiben zunächst außen vor. Sollen das Zinsergebnis und seine Erfolgskomponenten auf Perioden nach dem Betrachtungszeitpunkt abgegrenzt werden, z.B. im Rahmen einer NII-Simulation (Net Interest Income), ist der jeweils für die entsprechende Periode gültige Produktzins anzuwenden.
Zur Wahl der risikolosen Zinskurve: Wenn das Berechnungsschema eine Abgrenzung der Erträge aus Zinsfristentransformation von den Erträgen aus Liquiditäts- und Bonitätstransformation leisten soll, muss die risikolose Zinskurve solche Geschäfte repräsentieren, deren Abschluss möglichst keine Auswirkung auf das gemessene Liquiditätsrisiko und das gemessene Kreditrisiko, wohl aber auf das gemessene Zinsrisiko hat.
Aus Sicht des Autors wird dieser Anforderung eine OIS-Kurve, d.h. eine aus Overnight-Geschäften und Swaps gegen den Overnight-Zinssatz konstruierte Kurve, am ehesten gerecht. Eine endfällige Geldanlage zu den Konditionen der OIS-Kurve zu einer gegebenen Fristigkeit entspricht einer rollierenden Anlage des Nominalbetrages im Tagesgeld und dem gleichzeitigen Abschluss eines OIS-Swaps mit der gegebenen Fristigkeit. Auch eine Refinanzierung eines Produktes mit Tilgungsstruktur zu den in der OIS-Kurve implizierten Konditionen könnte praktisch durch rollierende Anlage im Tagesgeld und Festschreiben der zukünftigen Zinskonditionen über OIS-Swaps erfolgen, auch wenn ein solches Vorgehen auf Einzelgeschäftsebene wohl kaum der gängigen Praxis entspricht. Ein Verlust des Nominalbetrags in Folge von Kreditereignissen ist bei einer solchen Anlage aufgrund der kurzen Kapitalbindung und der für Swaps bestehenden Kreditrisikominderungstechniken praktisch ausgeschlossen. Die Anlage kann aus diesem Blickwinkel als kreditrisikolos gelten. Eine nennenswerte Liquiditätswirkung haben diese Geschäfte auch nicht, da keine fristenkongruente Geldanlage oder Geldaufnahme in Höhe des Nominalbetrags erfolgt, sondern nur Liquiditätswirkungen zweiter Ordnung aus dem Margining der Derivate entstehen. Aus diesen Gründen sind OIS-Kurven für die Separierung der Erträge aus Zinsfristentransformation von denen aus Liquiditäts- und Bonitätstransformation gut geeignet.
Als Alternative zur OIS-Kurve erscheint auch die Verwendung von Swap-Kurven auf Basis des währungsspezifischen Standard-Swapmarktes (z.B. eine Sechs-Monats-Euribor-Swapkurve im Euroraum) plausibel, da viele Banken in diesem Markt aktiver sind als im Markt der OIS-Swaps, und die obengenannten Argumente näherungsweise auch hier gültig sind.
Während die risikolose Zinskurve sinnvollerweise über das gesamte zinstragende Geschäft einheitlich gewählt wird, sind die Refinanzierungskurve sowie die kreditrisikobehaftete Kurve grundsätzlich geschäftsabhängig zu wählen. Hier werden beispielhafte Parametrisierungen für typische Festzinsgeschäfte dargestellt:
In diesem Abschnitt wird das obige Bewertungsschema auf variabel verzinsliche Produkte angewandt. Dies sind vor allem
Nach dem Schema der Aufsicht ist für diese Produkte der Beitrag aus Zinsfristentransformation vereinfachend anhand der Zinsbindung aus der Kurvenhierarchie abzulesen. Eine Floating Rate Note mit 5 Jahren Restlaufzeit und nächstem Zinsanpassungstermin in 3 Monaten wird dort also beispielsweise nicht anders behandelt als ein Straight Bond mit 3 Monaten Restlaufzeit. Eine strukturkongruente Refinanzierung im Sinne der Marktzinsmethode wird aber durch ein bis zur Zinsbindung des Produktes laufendes Festzinsgeschäft in der Praxis kaum erreichbar sein, da mit einer kurzlaufenden Refinanzierung eine Immunisierung gegen Zinsschocks nur unter strengen, in der Praxis selten erfüllbaren Bedingungen erreicht wird: Werden zur Diskontierung und zur Ermittlung der Forwardraten unterschiedliche Kurven verwendet, oder enthält das Produkt wie üblich einen festen Spread über dem Referenzzins, unterscheiden sich Bewertung und Zinsrisiko teils deutlich zwischen Ursprungsgeschäft und kurzlaufender Refinanzierung. Im folgenden wird die Ermittlung der Erfolgsbeiträge jeweils durch eine Hierarchie hypothetischer Opportunitätsgeschäfte analog zum obigen Vorgehen für Festzinsgeschäfte erläutert.
Anders als bei festverzinslichen Produkten werden die Zinskonditionen eines referenzzinsgebundenen Geschäfts nicht durch einen Produktzins, sondern durch den Spread über dem Referenzzins bestimmt. An die Stelle des Einstandszinssatzes tritt folglich ein Einstandsspread. Dieser lässt sich - völlig analog zum Einstandszinssatz bei festverzinslichen Produkten - in drei Schritten ermitteln:
Das Berechnungsschema wird nun ähnlich wie bei den Festzinsprodukten durchlaufen.
Der Konditionenbeitrag kann nun als Differenz zwischen dem aktuellen Produktzins und E4 berechnet werden. Der Produktzins ist dabei das aktuelle Referenzzins-Fixing zuzüglich des aktuellen Spread. Die Erfolgsbeiträge können nun völlig analog zum Vorgehen bei Festzinsprodukten ermittelt werden.
Für die Parametrisierung gelten zunächst die gleichen Hinweise wie für Festzinsprodukte. Darüber hinaus ist die Forward-Kurve geeignet zu wählen. Eine marktkonforme Parametrisierung lässt sich erreichen, wenn eine Swap-Kurve verwendet wird, die am kurzen Ende aus einem Deposit-Satz entsprechend dem maßgeblichen Referenzzins und am langen Ende aus Swaps gegen den maßgeblichen Referenzins aufgebaut wird. Wenn möglich können zusätzliche Stützstellen zwischen dem Deposit und dem kürzesten Swap auf Basis von Forward-Rate-Agreements (FRAs) ergänzt werden.
Im wie oben ermittelten Einstandssatzsind E2 sind nun Risikoprämien für zwei Risikokomponenten enthalten, erstens für das Risiko einer Änderung der risikolosen Zinskurve (allgemeines Zinsrisiko) und zweitens für das Risiko der Änderung des Spreads zwischen risikoloser Zinskurve und tenorspezifischer Forwardkurve (Basisrisiko). Beide Risiken werden durch das zur Ermittlung des Einstandszinssatzes E2 verwendete hypothetische Refinanzierungsgeschäft - eine strukturkongruente Refinanzierung mit deckungsgleichem Referenzzins - glattgestellt.
Die Risikoprämien lassen sich alternativ auch als explizite Erfolgsbeiträge voneinander abgrenzen. Hierzu kann leicht ein zusätzlicher Einstandszinssatz E2B unter Verwendung der risikolosen Zinskurve sowohl zur Diskontierung als auch zur Projektion künftiger referenzzinsgebundener Cashflows errechnet werden. Dieser Einstandszinssatz entspricht einer hypothetischen Refinanzierung im Tagesgeld mit Absicherung aller zukünftigen Zinsen an demjenigen Swapmarkt, aus dem die risikolose Kurve aufgebaut wurde. Eine solche Refinanzierung eliminiert das allgemeine Zinsrisiko, aber nicht das Basisrisiko.
Folglich lässt sich der oben errechnete Beitrag aus Zinsfristentransformation in einen Beitrag aus Basistransformation E2B - E2 und einen Beitrag E2B - E1 zerlegen - letzterer kann als Beitrag aus Zinsfristentransformation im engeren Sinn bezeichnet werden. Diese Zerlegung ist dann sinnvoll, wenn Basisrisiken auch separat gesteuert werden.
Auch eingebettete Optionen enthalten Risiken, denen entsprechende Ergebnisbeiträge als Risikoprämie gegenüberstehen. Da das Berechnungsschema auf der Marktzinsmethode und daher auf einer Barwertlogik beruht, lassen sich Ergebnisbeiträge aus Optionalitäten unabhängig vom verwendeten Optionspreismodell nahtlos in das Schema integrieren. Hiermit können insbesondere Ergebnisbeiträge aus Optionalitäten für folgende Produkte abgebildet werden:
Für diese Produkte lässt sich jeweils ein Einstandszinssatz E5 unter Verwendung des relevanten Optionspreismodells bestimmen. Für marktnahe Bewertungsverfahren - Zinsstrukturmodelle wie Hull-White für Kündigungsrechte oder das Bachelier-Modell für Zinsbegrenzungsvereinbarungen - ist dies nicht mehr in geschlossener Form möglich wie oben dargestellt. Vielmehr ist hier eine Zielwertsuche notwendig - gesucht ist derjenige Zinssatz (oder Spread über dem Referenzzins), der unter dem jeweils verwendeten Optionspreismodell zu einer Par-Bewertung des Gesamtgeschäfts führt.
Nachdem der Einstandszinssatz E5 ermittelt ist, berechnet sich der optionspreisbereinigte Konditionenbeitrag nunmehr als Produktzins abzüglich E5 und die Optionsprämie lässt sich als E5 - E4 ermitteln.
Börsennotierte Anleihen haben typischerweise eine Kursversorgung und werden im allgemeinen über oder unter Pari, d.h. mit einem Bewertungsauf- oder Abschlag, gekauft und verkauft. Der Bewertungsauf- oder Abschlag wird je nach Rechnungslegungsvorschrift auf die Restlaufzeit verteilt und geht in das Zinsergebnis ein. Folglich ist auch das Zinsergebnis von der Rechnungslegungsvorschrift abhängig.
Um diesen Anwendungsfall in das obige Berechnungsschema zu integrieren, ist eine Zusatzüberlegung erforderlich: Wie sollten die strukturkongruenten Opportunitätsgeschäfte aussehen? Denkbar ist die Modellierung der Opportunitätsgeschäfte als Bondkäufe oder -Verkäufe mit den gleichen Bewertungsauf- oder Abschlägen. Nach Auffassung des Autors sollten aber zu Pari notierende Geschäfte verwendet werden, da eine Modellierung über Käufe und Verkäufe mit Abschlag eine weitere Abhängigkeit von der Rechnungslegungsvorschrift induziert und damit die Rechnung und Interpretation verkompliziert, ökonomisch aber keinen weiteren Erkenntnisgewinn gegenüber einer Modellierung mit Par-Käufen und -Verkäufen bietet. Für die ökonomische Aussagekraft ist letzlich die Wahl der richtigen Bewertungskurve ausschlaggebend.
Ausgehend von dieser Überlegung können die Einstandszinssätze E1 bis E4 wie oben beschrieben ermittelt werden. Genau wie das Zinsergebnis selbst ist auch der Konditionenbeitrag von der Rechnungslegungsvorschrift abhängig. Soll ein Konditionenbeitrag als Prozentsatz in der Konvention des Grundgeschäfts errechnet werden, ist zunächst das Zinsergebnis in einen Prozentsatz in der Konvention des Grundgeschäfts umzurechnen und dann der Einstandszinssatz E4 abzuziehen.
Die kreditriskobehaftete Zinskurve sollte in diesem Fall idealerweise so gewählt werden, dass die Bewertung des Ursprungsgeschäfts mit der kreditrisikobehafteten Zinskurve mut der Marktbewertung zusammenfällt. Hierzu ist des sinnvoll, eine Emittenten- oder Emittentengruppenspezifische Zinskurve mit einem anleihespezifischen Z-Spread zu ergänzen: Der Z-Spread (oder auch idiosynkratische Spread) ist definiert als über die Stützstellen konstanter additiver Spread über den Zero-Coupon-Raten einer Ausgangszinskurve, sodass die Bewertung der Anleihe über die so "verschobene" Zinskurve mit der Marktbewertung zusammenfällt.
Wir werden im folgenden sehen, dass sich Zinsswaps als Gesamtgeschäft betrachtet mit wenigen Zusatzüberlegungen konsistent in das Berechnungsschema integrieren lassen, dass aber auch eine Abbildung der einzelnen Legs als fest- und variabelverzinsliche Bonds ohne weiteres - mit in der Gesamtsicht ökonomisch identischen Ergebnissen - möglich ist.
Swaps sind außerbilanzielle Geschäfte zur Steuerung der Zinsfristentransformation ohne unmittelbare Liquiditätswirkung. Wir gehen darüber hinaus von Minderung der Kontrahentenrisiken durch bilaterale Besicherung oder Clearing aus, sodaß die Beiträge aus Eigenkapitalanlage, Liquiditätsfristentransformation und Bonitätstransformation verschwinden. Der Konditionenbeitrag ist offenbar durch die Differenz aus der vereinbarten Rate auf der fixen Seite des Swaps und der aktuellen Swaprate eines strukturkongruenten Geschäfts gegeben, denn zur aktuellen Swaprate ließe sich der Swap definitionsgemäß glattstellen und die genannte Differenz bliebe als risikoloser Beitrag bestehen.
Zinsswaps lassen sich nahtlos in das Bewertungsschema integrieren, indem das festverzinsliche Leg und das variabel verzinsliche Leg jeweils separat betrachtet werden und die einzelnen Beiträge wie in den Abschnitten zu fest- und variabel verzinslichen Produkten beschrieben ermittelt werden. Zinsswaps enthalten typischerweise keinen Nominalaustausch. Damit das Berechnungsschema funktioniert, müssen die Swap-Legs analog zu Bonds mit Nominalzahlungen abgebildet werden. Die Nominalzahlungen von festem und variablem Leg gleichen sich in der Gesamtsicht aus, das "Dazuerfinden" dieser Zahlungen ist also ökonomisch angemessen.
Die Konsequenzen einer solchen Abbildung:
Haben die beiden Legs unterschiedliche Zahlungsfrequenzen, erhält man in Summe je nach Verlauf der Zinskurve einen geringfügig unterschiedlichen Fristentransformationsbeitrag im Vergleich mit der Abbildung des Gesamtgeschäfts. Da beide Opportunitätsgeschäfte aber tatsächlich zu den so ermittelten Konditionen abschließbar wären, ist die separate Abbildung der Legs nach Auffassung des Autors gleichwertig, wie im folgenden ausgeführt wird.
Die folgende Tabelle zeigt als Berechnungsbeispiel die Ergebnisse beider Abbildungen eines zehnjährigen Swaps, der auf der fixen Seite jährlich und auf der variablen Seite halbjährlich zahlt. Es wurden Marktdaten (OIS-Kurve zur Diskontierung und Sechs-Monats-Euribor-Kurve zur Ermittlung der Forward-Raten) vom 31.08.2020 verwendet.
Fairer Swap | Zwei Par-Bonds | |
---|---|---|
Nominalwert | 10.000,00 | 10.000,00 |
Barwert fixes Leg | 119,09 | 0,00 |
Barwert variables Leg | 119,09 | 0,00 |
Barwert gesamt | 0,00 | 0,00 |
Fixe Rate | -0,1259% | -0.2426% |
Spread variable Seite | -0,0000% | -0,1168% |
Festzinsertrag: Differenz Fixe Rate und Spread | -0,1259% | -0,1258% |
Das Berechnungsbeispiel zeigt, dass sich die Ergebnisbeiträge der beiden Abbildungen - ein fairer Swap oder zwei Par-Bonds - um nur einen hundertstel Basispunkt unterscheiden. In einem anderen Marktumfeld kann der Unterschied größer sein, was zu einem scheinbaren Widerspruch führt, der hier aufgelöst werden soll: In der Ertragssicht macht es keinen Unterschied, ob ein Prozentpunkt auf der fixen Seite jährlich oder als Spread auf der variablen Seite halbjährlich gezahlt wird - die Ertragssicht ist agnostisch gegenüber Zinsfrequenzen. Für unseren Zweck ist aber der - bezüglich Zahlungsfrequenzen unbestechliche - Barwert entscheidend. Beide Opportunitätsgeschäfte, fairer Swap und Kombination aus zwei Par-Bonds, sind mit Barwert null fair, stellen das Ursprungsgeschäft glatt und sind daher zur Separierung der Zinsfristentransformation von den übrigen Ertragsquellen trotz unterschiedlichem Ergebnis in der Ertragssicht gleichermaßen geeignet.
In den vorherigen Abschnitten wurde das für Festzinsprodukte gültige Grundschema um variabel verzinsliche Produkte, Produkte mit eingebetteten Optionen sowie um Zinsswaps erweitert. Es ergibt sich folgendes Gesamtschema, welches für alle erwähnten Produkte verwendet werden kann.
Mit diesem Berechnungsschema
Wir stellen hier eine beispielhafte Implementierung auf Basis der freien und quelloffenen Bewertungsbibliothek JSON risk dar. Weitere Informationen zu JSON risk sind auf der Dokumentationsseite sowie unter GitHub verfügbar.
Mit JSON risk ist die Anwendung eines solchen Berechnungsschemas einfach möglich, da die Ermittlung des Einstandssatz (der fairen Rate) sowie eines fairen Spreads in einer entsprechenden Hilfsfunktion fixed_income.fair_rate_or_spread
gekapselt ist. Das folgende Code-Beispiel zeigt die Ermittlung der Beiträge für ein Festzinsprodukt. Zunächst muss das Produkt mit seinen Konditionen definiert werden:
// definiere das Produkt
var product_json={
notional: 100,
effective_date: "01.01.2010",
maturity: "31.12.2030"
tenor: 6,
fixed_rate: 0.0125
dcc: "30/360"
};
var product=new JsonRisk.fixed_income(product_json);
Zur Ermittlung des Beitrags aus Eigenkapital ist zusätzlich ein Tagesgeld-Opportunitätsgeschäft zu definieren:
// definiere das Tagesgeld-Opportunitätsgeschäft
var overnight_json={
notional: 100,
effective_date: $scope.params.valuation_date,
maturity: JsonRisk.add_days(JsonRisk.get_safe_date(JsonRisk.valuation_date), 1),
tenor: 1,
fixed_rate: 0.0,
calendar: "TARGET",
bdc: "f",
dcc: product.dcc,
adjust_accrual_periods: true
};
var overnight=new JsonRisk.fixed_income(overnight_json);
Davon ausgehend können nun die Einstandszinssätze und Erfolgsbeiträge ermittelt werden. Hierzu werden die Variablen dc
als risikolose Kurve, rc
als Refinanzierungs-Spreadkurve über der risikolosen Kurve sowie sc
als Bonitäts-Spreadkurve über der risikolosen Kurve als bereits definiert angenommen.
// ermittle den Beitrag aus Eigenkapitalanlage E1 auf Basis des Tagesgeldgeschäfts
var e1=overnight.fair_rate_or_spread(dc, null, null);
// ermittle die übrigen Einstandszinssätze auf Basis des tatsächlichen Geschäfts
var e2=product.fair_rate_or_spread(dc, null, null); // ohne Spread
var e3=product.fair_rate_or_spread(dc, rc, null); // mit Refinanzierungsspread
var e4=product.fair_rate_or_spread(dc, sc, null); // mit Bonitätsspread
// gebe die Erfolgsbeiträge als JSON aus
return {
Eigenkapitalanlage: e1,
Zinsfristentransformation: e2 - e1,
Liquiditaetsfristentransformation: e3 - e2,
Bonitaetstransformation: e4 - e3,
Konditionenbeitrag: instrument_json.fixed_rate - e4
};
Das obige Code-Beispiel ist in einer abgewandelten Form, die auch variable Produkte unterstützt, in der Web-Anwendung JSON risk Bonds frei verfügbar. Dort können innerhalb der grafischen Benutzeroberfläche sämtliche Einstellungen wie Laufzeit, Zinskonditionen und Tilgungsstrukturen des betrachteten Geschäfts und Parametrisierungseinstellungen vorgenommen werden. Die Erfolgskomponenten werden in prozentualer Form in der Konvention des betrachteten Geschäfts ausgegeben.
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